Gutes Klima für soziale Gerechtigkeit
Podiumsdiskussion von Friedrich Straetmanns (DIE LINKE) mit den Bundestags-Kolleginnen Dr. Wiebke Esdar (SPD) und Britta Haßelmann (Grüne) am 21. Januar 2020.
Eine politische Debatte, wie sie in der gegenwärtigen Zeit öfter geführt werden sollte, erlebte ich bei einer gemeinsamen Veranstaltung mit den Bundestags-Kolleginnen Dr. Wiebke Esdar (SPD) und Britta Haßelmann (Grüne): unter Einbeziehung des Publikums, mit durchdachten Argumenten und ohne Anfeindungen. Als Abgeordneter, der sich auch stark mit dem Thema Bürgerbeteiligung beschäftigt, hielt ich es für eine gute Idee unsere BürgerInnen zu einem Abend einzuladen, bei dem nicht nur die Position einer Partei referiert wird, sondern wo in einem Wettstreit der Argumente Unterschiede und Gemeinsamkeiten herausgestrichen werden. Politik ist lebendig, das müssen wir zeigen - und die Leute müssen eingebunden werden. Das entspricht aus meiner Sicht dem Gedanken einer bürgerorientierten Demokratie.
Trotz vieler inhaltlicher Überschneidungen zeigte sich schon zu Beginn eine wesentliche Abweichung: gäbe es in Bielefeld eine/-n Bundestagsabgeordnete/-n der Parteien CDU oder FDP, hätte ich eine Veranstaltung aller Abgeordneter unter dem Titel 'Gutes Klima für soziale Gerechtigkeit' nicht für sinnvoll befunden. Das sah die Vertreterin der Grünen anders.
Wiederum Einigkeit erzielte die Forderung höherer Löhne. Wenn auch unter unterschiedlichen Herangehensweisen:
Während die Vertreterin der SPD als Mitglied der Regierungskoalition die Wahrscheinlichkeit eines deutlich höheren Mindestlohnes als sehr gering einstuft, bin ich überzeugt, dass ein Mindestlohn von 12 Euro ohne Ausnahmen für alle Erwerbstätigen möglich ist. Mit dem Beschluss, öffentliche Aufträge nur unter der Einhaltung eines Mindestlohns von 11,42 Euro zu vergeben, hat die rot-rot-grüne Koalition in Thüringen auch praktisch bewiesen, dass dies mit politischem Willen durchsetzbar sind.
Gute Löhne sind auch die Basis einer auskömmlichen Rente. Debatten um Bedarfsprüfungen bei einer Grundrente erübrigen sich, wenn alle Erwerbstätigen ausreichend verdienen, um im Alter keine Armut fürchten zu müssen. Erwerbstätige sind im Übrigen auch Beamtinnen und Beamte, Richterinnen und Richter sowie Bundestagsabgeordnete - sie alle müssen in eine Rentenkasse einzahlen!
Wie ein guter Lohn das Fundament einer guten Rente ist, sind Tarifverträge das Fundament von guten Löhnen. Selbstverständlich sind Tarifverhandlungen vorrangig Aufgabe der Tarifparteien. Wenn aber zunehmend weniger Menschen einer Gewerkschaft angehören, weil sie bei Eintritt um den Verlust ihres Arbeitsplatzes fürchten, dann ist es an der Politik, gesetzliche Weichen für flächendeckende Tarifverträge zu stellen! Diese klare Haltung vermisste ich bei meinen Kolleginnen. Dennoch teilen auch sie die Ansicht, dass Leiharbeit und sachgrundlose Befristungen abzuschaffen sind.
Das Thema, das mir als Bielefelder am wichtigsten ist - das Wohnen - offenbarte letztlich die unterschiedlichen Ausrichtungen der drei Parteien: DIE LINKE ist überzeugt, dass nur durch kommunalen Wohnungsbau und kommunales Wohneigentum bezahlbarer Wohnraum für alle geschaffen werden kann. Dr. Wiebke Esdar und Britta Haßelmann setzen leider immer noch auf gemeinnütziges Wohlwollen privater Investoren. Der Gewinnorientierung von Unternehmen kann nur die öffentliche Hand etwas entgegensetzen. Der Markt regelt stets im Sinne der Unternehmen und nicht im Sinne der Bevölkerung.
Es ist auch die öffentliche Hand, die beim Thema Ökologie die entscheidende Rolle spielt: natürlich beschäftigt auch DIE LINKE der Klimawandel. Wenn Profite von Unternehmen, insbesondere der Energiewirtschaft, die Klimapolitik beherrschen und öffentliche Verkehrsmittel weiter kaum bezahlbar bleiben, werden wir in Zukunft sicherlich kein 'gutes Klima' für soziale Gerechtigkeit finden.